Vorworte

Hermann Kuenz

Vorwort des Obmanns

Sehr geehrte Damen und Herren!

Die globale Geopolitik erlebt aktuell eine sehr kritische Phase – kriegerische Auseinandersetzungen und militärische Konflikte erreichen das höchste Niveau seit dem Kalten Krieg. Die mediale Berichterstattung ist nach wie vor geprägt von Kriegsgeschehen, wir werden täglich an Tod, Armut, Leid und Flucht der betroffenen Menschen erinnert. Diese Eskalation wirkt sich nicht nur weltweit, sondern auch auf Europa und Österreich aus.

Die Ereignisse bedingen ein sehr wechselhaftes Wirtschaftsumfeld im Jahr 2023 mit immer noch großer Volatilität der Märkte. Auch wenn sich die Versorgung mit Energie, im Besonderen Gas, wieder stabilisiert hat, fordern Lieferkettenunterbrechungen, Preissprünge bei Rohstoffen und Betriebsmitteln – dies in beide Richtungen – nach wie vor alle Verantwortungsträger im besonderen Ausmaß. Die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der exportierenden Wirtschaftssektoren entwickelt sich zu einer zentralen Herausforderung.

Österreichs Wirtschaftsleistung schrumpfte im Jahr 2023 um 0,8 %. Die Wirtschaft in Österreich entwickelte sich im Jahr 2023 deutlich schwächer als jene der Eurozone. Besonders betroffen waren die Sektoren Handel, Industrie und Bauwirtschaft. Dagegen erzielten Beherbergung und Industrie sowie der Finanzbereich Bruttowertschöpfungszuwächse. Längerfristige Prognosen sehen eine anhaltende Erholung der Gesamtwirtschaft. Der Staat steigerte die öffentlichen Ausgaben und Unterstützungen massiv auf in Summe 115 Mrd. Euro, um den Weg aus der Rezession zu beschleunigen. Ein bedeutendes Defizit von 3,1 % des BIP musste in Kauf genommen werden. Die annähernde Vollbeschäftigung ist gesellschaftspolitisch positiv zu bewerten, Facharbeitermangel und fehlende Arbeitskräfte begrenzen aber die positive Entwicklung der Wirtschaft. Die Inflation, ausgedrückt in VPI, betrug in Österreich 7,9 % und ist im europäischen Vergleich nach wie vor sehr hoch, aktuell mit sinkender Tendenz. Die sehr hart geführten Kollektivvertragsverhandlungen brachten bedeutende Gehalts- und Lohnerhöhungen in der Größenordnung von plus 7 bis 9 %. Das abgelaufene Wirtschaftsjahr war aber auch von den Zinsentscheidungen der EZB geprägt.

Tirols Wirtschaft hat sich auch 2023 als erstaunlich widerstandsfähig erwiesen. Die Stärke des Wirtschaftslandes Tirol besteht in der Sektorvielfalt – neben Industrie und Tourismus gibt es mit Klein- und Mittelbetrieben  weitere stabile Säule.

In einem sehr wechselhaften Wirtschaftsumfeld haben unsere Raiffeisengenossenschaften in Tirol das Berichtsjahr sehr zufriedenstellend abgeschlossen. Das gibt unter den gegebenen Rahmenbedingungen Anlass zu Zufriedenheit und Dankbarkeit. Die Vielfalt und Vielzahl unserer Mitgliedsunternehmen machen Raiffeisen in Tirol zu einem wesentlichen Stabilitätsanker. Mit ihren Aktivitäten – auch über den unternehmerischen Bereich hinaus – leisten Raiffeisengenossenschaften einen wesentlichen Beitrag zum Wohlstand in den Regionen und Tälern. Die Transformation hin zu einem nachhaltigen Unternehmensansatz gelingt unseren Mitgliedern besonders gut – sei es Klimaschutz, sozialer Ausgleich oder regionaler Kreislauf. Seit jeher sind Raiffeisengenossenschaften nicht auf kurzfristigen Gewinn, sondern auf langfristige Förderung der Mitglieder ausgerichtet. Die Raiffeisenbankengruppe Tirol hat 2023 ein Ausnahmejahr erlebt und historisch betrachtet außerordentliche Betriebsergebnisse erreicht. In den Bereichen Ware, Verwertung und Vermarktung sowie Energie und Dienstleistungen erwirtschafteten unsere Mitglieder durchgehen positive Ergebnisse.

Im Raiffeisenverband Tirol galt es im Berichtsjahr weitreichende Zukunftsentscheidungen und Weichenstellungen zu treffen. Aber auch im Jahr 2023 stand im Mittelpunkt, fachkundige Dienstleistungen in all unseren Bereichen verlässlich, effizient und pünktlich für unsere Mitglieder zu erbringen. Die Herausforderung dieses außergewöhnlichen Jahres haben Führungskräfte und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit besonderem Engagement angenommen. Der Vorstand hat die Nachfolge von GF Direktor Mag. Peter Sapl im Geschäftsbereich Revision und Stabsstellen beschlossen und Dr. Alexander Büchel mit 1. September 2023 zum Geschäftsführer bestellt. Der RVT hat ebenfalls mit Vorstandsbeschluss einen Sonderfonds Valida mit Dotation durch Sondermitgliedsbeiträge zur Abschirmung der Belastungen aus den Pensionsverpflichtungen eingerichtet. In diesem Zusammenhang gilt mein ausdrücklicher Dank unseren Mitgliedern für ihre Unterstützung und den gezeigten Zusammenhalt.

Ich möchte mich im Besonderen bei der Geschäftsführung für die ausgezeichnete Zusammenarbeit bedanken. Meinen herzlichen Dank spreche ich allen Führungskräften und unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus – ihre Motivation und Flexibilität samt Professionalität und Teamgeist sind die Grundlage unseres gemeinsamen Erfolges. Mein Dank gilt auch den Mitgliedern des Präsidiums, des Vorstandes- und Exekutivausschusses sowie dem Betriebsrat für sachliche Diskussion und verantwortungsvolle Beschlussfassung. Ich bedanke mich bei Mag. Peter Sapl für seine 40 Jahre dauernde Arbeit zum Wohle unserer Organisation und wünsche ihm alles Gute auf seinem weiteren Lebensweg.

Allen unseren Mitgliedsbetrieben möchte ich für das entgegengebrachte Vertrauen Dank sagen. Mein besonderer Dank gilt der Raiffeisenlandesbank Tirol für die engagierte Zusammenarbeit, dem Österreichischen Raiffeisenverband und allen Raiffeisenorganisationen der Nachbarregionen für ein gutes Zusammenwirken. Ich bedanke mich im Namen des Raiffeisenverbandes Tirol bei allen öffentlichen Organisationen in Bund und Land für die freundschaftliche und konstruktive Zusammenarbeit.

Im laufenden Jahr 2024 gilt es voranstehend, die Leistungsfähigkeit unserer Mitglieder zu stärken, Stabilität zu vermitteln und ihre Interessen mit uneingeschränkten Engagement zu vertreten. Im Hinblick auf fortschreitende Digitalisierung und den verstärkten Einsatz von Künstlicher Intelligenz stehen außerordentliche Herausforderungen an. Trotz allen Wandels wollen wir weiterhin die zeitlosen Werte von Raiffeisen implementieren und in verständlicher Sprache vermitteln.

Das Motto von Friedrich Wilhelm Raiffeisen ist aktueller denn je: „Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele.“

Hermann Kuenz

Alexander Büchel
Edwin Grubert

Vorwort der Geschäftsführung

2023 – Ein Geschäftsjahr der Kontinuität, aber auch der Veränderungen und Solidarität.

Sehr geehrte Mitglieder und Partner des Raiffeisenverbandes Tirol!

Im vergangenen Geschäftsjahr hat es auch innerhalb des Raiffeisenverbandes Tirol bedeutende Veränderungen gegeben. Bereits zu Beginn des Geschäftsjahres 2023 fand ein Hearing zur Nachbesetzung des für den Bereich Revision zuständigen Geschäftsführers statt. Binnen weniger Wochen war die Nachbesetzung geregelt. Im September 2023 erfolgte dann der offizielle Wechsel, mit welchem auch neue Impulse und Ideen einhergingen, die es gilt, zeitnahe mit Elan umzusetzen.

In wirtschaftlicher und politischer Hinsicht war das Geschäftsjahr 2023, wie das abgelaufene Geschäftsjahr 2022, nach wie vor geprägt von Krisen, die direkten Einfluss auf das wirtschaftliche Umfeld hatten und haben. Verschärft wurden diese Krisen im Geschäftsjahr 2023 durch den Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und den darauf folgenden Angriff Israels im Gazastreifen.

Der im Jahr 2022 begonnene Anstieg der Energiepreise und die damit einhergehende Teuerungswelle hat sich im Geschäftsjahr 2023 zwar etwas abgebremst, blieb aber sowohl für viele Haushalte als auch für viele unserer Mitgliedsbetriebe weiterhin eine große Herausforderung, zumal auch die umfangreichen Staatshilfen sukzessive ausgelaufen sind. So mag es nicht verwundern, dass im Geschäftsjahr 2023 die starke Wirtschaftsleistung des Vorjahres nicht aufrechterhalten werden konnte. Auch der bereits im Vorjahr schwierige Arbeitsmarkt, namentlich der bestehende Personalmangel, hat sich fortgeschrieben und sowohl unsere Mitgliedsgenossenschaften als auch den Raiffeisenverband Tirol selbst stark gefordert. Wie bereits 2022 hat dies auch im Geschäftsjahr 2023 nicht nur zu hohen kollektivvertraglichen Abschlüssen, sondern insgesamt zu einer noch nie dagewesen Steigerung des Lohn- und Gehaltsgefüges geführt, was noch Auswirkungen weit über das abgelaufene Geschäftsjahr 2023 hinaus haben wird.

Die im Jahr 2022 begonnene Trendumkehr im Zinsbereich und die damit verbundene Belebung des Kerngeschäfts unserer Mitgliedsgenossenschaften im Geldsektor hat sich nicht unerwartet auch im Geschäftsjahr 2023 fortgesetzt und zu beachtenswerten Betriebsergebnissen geführt. Gleichzeitig hat die mit dem steigendem Zinsenniveau verbundene Verteuerung der Kredite zusammen mit der inflationsgetriebenen allgemeinen Preissteigerung bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr 2023 sowohl Haushalte als auch Unternehmen wirtschaftlich unter Druck gebracht und vor allem für eine Zunahme der Unternehmensinsolvenzen gesorgt.

Der seit Jahresmitte 2022 begonnene Rückgang bei der Nachfrage nach Wohnimmobilien und der damit einhergehende, von vielen Bauträgern selbst verordnete Baustopp bei Wohnbauprojekten hat sich nicht nur fortgesetzt, sondern erheblich zugenommen, was letztlich die Wohnraumfinanzierungen im Geschäftsjahr 2023 beinahe zum Erliegen gebracht hat.

Der im Geschäftsbericht 2022 prognostizierte Trend zu vermehrten Fusionen von Genossenschaften im Geldbereich hat sich für das Geschäftsjahr 2023 bewahrheitet. Zum Ende des Geschäftsjahres 2023 lag die Anzahl der Tiroler Raiffeisenbanken bei 42. Damit hat sich die Anzahl der Tiroler Raiffeisenbanken allein innerhalb der letzten drei Geschäftsjahre um knapp ein Drittel reduziert. Diese nicht zuletzt auch von der Regulatorik getriebene Entwicklung stellt auch für den Raiffeisenverband Tirol in mehrfacher Hinsicht in den kommenden Jahren eine Herausforderung dar, die diesen weit über die Erbringung von nutzenstiftenden, an die neue Struktur ausgerichteten Dienstleistungen hinaus fordern wird.

Wir sind zuversichtlich, dass wir auch diese Herausforderungen gemeinsam mit unseren Mitgliedern bewältigen werden und, anknüpfend an die Vorjahre unseres erfolgreichen gemeinsamen Miteinanders, die Interessen unserer Mitglieder weiterhin bestmöglich vertreten können. Diese Zuversicht ist getragen von der großen Solidarität, die unsere Mitgliedsbetriebe im abgelaufenen Geschäftsjahr 2023 in einer überwältigenden Geschlossenheit dem Raiffeisenverband Tirol gegenüber unter Beweis gestellt und so das Fundament für die weitere gemeinsame Zukunft eines starken Raiffeisenverbandes Tirol gefestigt haben. Damit haben unsere Mitglieder aber auch gezeigt, dass die in einer Krisenzeit geborene Genossenschaftsidee „was einer nicht schafft, das schaffen viele“ bei Raiffeisen in Tirol nicht nur ein Slogan, sondern eine gelebte Tatsache ist.

Für diese Solidarität und den Vertrauensvorschuss, den unsere Mitglieder damit der neuen Geschäftsführung geschenkt haben, bedanken wir uns nicht nur bei jedem einzelnen unserer Mitglieder, sondern auch bei deren Funktionären, Geschäftsleitern und Geschäftsführern.

Alexander Büchel

Edwin Grubert